Montag, 22. Juni 2009

Die schöne Lady

Ich durfte dieser Tage in Rom auf der "Samarkand" segeln, einer hübschen Olin Stephens Yawl, gebaut 1958 bei Abeking & Rasmussen.

Der Düsseldorfer Architekt und Schären-Liebhaber Ulf hat sie im vergangenen Jahr in Kanada gekauft und ins Mittelmeer nach Rom überführt. Das 57-Fuß Schmuckstück soll in der YACHT-Rubrik "besonderes Boot" gewürdigt werden.

Thomas J. Watson Jr. hat dieses Schiff in Auftrag gegeben. Er war von 1956 bis 1971 IBM-Chef und einer der großen Pioniere des beginnenden Computer Zeitalters. Er wird gerne mit dem Superlativ "größter Kapitalist" beschrieben. Was auch immer das heißen mag, der Erfolg mit den ersten Computern verschaffte ihm genug Geld und Muße, seiner Segel-Leidenschaft zu frönen.

Am Steuer der "Samarkand"

Er ließ sich das Schiff beim besten Konstrukteur der Welt, von der besten Werft der Welt bauen. Einen bewohnbaren, seetüchtigen Cruiser mit den Eigenschaften einer schnellen Regattayacht. Das ist heute ein Widerspruch, damals nicht. "Samarkand" gewann jede Menge Regatten. Besonders auf dem Atlantik war sie schnell.

Das ist eigentlich nichts Besonderes. Dafür aber das Publikum, das auf dem Schiff verkehrte. Familie Kennedy, John Glenn, erster US-Astronaut, Sir Anthony Eden, ex Premierminister von England,
Schauspielerin Grace Kelly und andere. Auch Marilyn Monroe soll ihre Aufwartung gemacht haben. Aber das ist nicht verbrieft. Gut vorstellbar, wie sie im weißen Kleidchen über dem blank geputzten Lüftungsrohr gestanden hat.

Vor ein paar Monaten war ich für eine YACHT-Geschichte auf der Suche nach der Seele in Booten. Gibt es die? Oder ist das Esoterik Quatsch? Hier auf diesem Schiff ist diese Seele spürbar. Und das hängt mit diesen klingenden Namen zusammen.

Am Ruder fühlt man nicht viel. Die damaligen Langkieler mögen früher echte Rennziegen gewesen sein. Quasi die Vorgänger der heutigen Volvo Ocean Racer. Heute erscheinen sie im Vergleich wie behäbige Bleitransporter. Falls das Schiff über sein Ruder mit dem Steuermann Kontakt aufnehmen wollte, so wird dieser Versuch von der Reibung des Ruderkette unterbunden. Besonders bei dem Schwachwind vor Rom redet "Samarkand" nicht.

Und dennoch verströmt das Schiff jede Menge Faszination. Und das liegt wohl an dem illustren Publikum, das auf seinem Teakdeck lustwandelte.

Vielleicht hat sich Grace Kelly anno dazumal genauso den von Rotwein beduselten Kopf am Kerzenhalter gestoßen wie ich. Vielleicht ist auch ihr beim Bettenbauen mit tumbem Schädel der gläserne Kerzenhalter-Windschutz zu Boden gefallen und zersplittert. Vielleicht war ihr das auch so peinlich.

Wie auch immer, dieses Schiff verströmt eine Atmosphäre, die den Besucher unweigerlich in seinen Bann zieht. Aber dazu mehr in der YACHT-Geschichte.

Seitenansicht des 57 Fußers












Das Halbmodell im Salon. Das absenkbare Schwert ist als Stummel erkennbar

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